Das Hauptseminar beabsichtigt die liturgische Spiritualität der orthodoxen Kirche aufgrund der byzantinischen Kommentare zur Göttlichen Liturgie zu beleuchten. Im Hauptseminar werden die wesentlichen Unterschiede, die Umwandlungen und die spezifischen Akzente dieser Kommentare herausgearbeitet und auch ihre Rezeption und ihren Einfluss in den orthodoxen Kirchen bis heute beleuchtet.


Das Hauptseminar beabsichtigt eine Untersuchung der identitätsstiftenden Prozesse, Umbrüche und Entwicklungen innerhalb der altkirchlichen Christengemeinden der ersten fünf Jahrhunderte. Die Hauptquellen unserer Analyse sind die wichtigsten Kirchenordnungen der Antike: die Didache, die Didascalia Apostolorum, die Traditio Apostolica und die Apostolischen Konstitutionenund. 

Inhalt: Die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen haben unter anderem die katastrophalen Folgen von kriegerischen Auseinandersetzungen in noch drastischer Weise aufgezeigt. Hierbei wird die Wichtigkeit der Friedensethik ohne Zweifel deutlich. Wie steht jedoch die Orthodoxe Kirche zur Friedensethik? Charakteris- tisch heißt es im Text der Panorthodoxen Synode von Kreta (2016) „Die Kirche Christi verurteilt generell den Krieg, den sie als Folge des Bösen und der Sünde in der Welt betrachtet... und unterstützt jede Initiative und Anstrengung zur Vorbeugung oder Abwendung des Krieges durch Dialog und jedes andere geeignete Mittel“ (Panorthodoxe Synode, Kreta 2016 | Text: Die Sendung der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt. Der Text wird hier zitiert nach der Übersetzung von B. Hallensleben, Einheit in Synodalität, Münster 2016, S. 93). In der Vielfalt der orthodoxen Kirchen gibt es jedoch, ganz von der Entscheidung der Synode von Kreta abgese- hen, unterschiedliche Ansätze zum Thema „Krieg und Frieden“, wie u.a. die Sozialdoktrin der Russischen Orthodoxen Kirche unter Beweis stellen kann. Würde nun ein rein pazifistisches Wort der absoluten Gewalt- losigkeit der Kirchen zu kurz greifen? Könnten militärische Interventionen aus humanitären Gründen von christlichen Kirchen unterstützt werden? Im Seminar wird einerseits die Thematik „Krieg und Frieden“ in der langen Tradition der Geschichte – insbesondere des östlichen Christentums – untersucht, andererseits werden Voraussetzungen und Kriterien für einen bibeltreuen Umgang mit der Tragik des Krieges und der Verpflich- tung zum Frieden geprüft. Darüber hinaus soll die Rolle von internationalen Organisationen bei der Friedens- bildung kritisch hinterfragt werden.


Mit dem Werk „Sein Leben ist Mein“ geht der Hl. Sofronij von Essex auf die spirituellen Herausforderungen des Menschen unserer Zeit ein. Er sieht die anthropologischen und ethischen Probleme der Epoche
als ein Vorspiel einer großen geistlichen Wiedergeburt, wobei dem Gebet eine zentrale Rolle zugeschrieben
wird. Die biblisch und patristisch fundierte Bewertung seitens eines Anachoreten bringt zweifelsfrei neue Impulse in die Diskussion um die Krise des modernen Zeitalters. In diesem Lektürekurs sollen das Werk sowie
die theologischen Ansichten des Hl. Sofronij von Essex gemeinsam studiert und kommentiert werden.

Dieses Blockseminar will die Studierenden des Grundstudiums sowohl in das wissenschaftliche Ar-
beiten einführen als auch mit wichtiger Literatur über die Orthodoxie vertraut machen. Darüber hinaus werden
Nachschlagewerke und grundlegende Monographien vorgestellt, die alle vier theologischen Disziplinen (Bib-
lische, Geschichtliche, Systematische und Praktische Theologie) abdecken. Ferner werden methodische Ein-
zelheiten erläutert, die die Abfassung einer schriftlichen Arbeit betreffen. Die Lehrveranstaltung umfasst auch
eine Einführung in die theologischen Datenbanken und Bibliotheken.

Die Vorlesung bietet eine Einführung in die Mentalität und das Ethos des antiken Christentums aufgrund patristischer Quellen dar. Sie dient der Vertiefung christlicher Identität vor dem Hintergrund ihrer primären Geschichte und will durch das Studium des christlichen antiken Alltagslebens zur theologischen Urteilsbildung der Studierenden anleiten.


Das Seminar hat als Schwerpunkt den Reichtum der ostkirchlichen monastischen Tradition in ihren vielfältigen Ausprägungen. Wichtige monastische Figuren und die Hauptmerkmale der monastischen Spiritualität, die bis heute in einer bedeutenden Weise das kirchliche Leben der orthodoxen Kirchen und Christen prägt, werden nachgezeichnet. 

Die Vorlesung behandelt die sogenannte „Konstantinische Wende“, die Auseinandersetzungen um die Trinitätslehre bis zur Redaktion des nizäno-konstantinopolitanischen Credos, die Anfänge und die ganze Breite der christologischen Streitigkeiten bis hin zur VII. Ökumenischen Synode (787).


Die christliche Ethik stützt sich auf die Anthropologie in Verbindung mit der soteriologischen Frage. Die vom orthodoxen Christentum eingeführte Innovation in der Betrachtung des moralischen Lebens, basiert auf dessen Ontologie, und zwar deshalb, weil sie nicht eine neue Moral für den Menschen darstellt, sondern einen neuen Menschen, den neuen Menschen in Christus, der berufen ist, das neue Leben in Ihm zu leben. Die ontologische Grundlage der orthodoxen Ethik liegt in der Menschwerdung des göttlichen Logos und manifestiert sich mit der Auferstehung. Orthodoxe Ethik ist aus diesem Grund nur als Ethik der Auferstehung denkbar und anwendbar. Sie ruft den Menschen dazu auf, die Angst vor dem Tod zu überwinden und frei davon zu leben. Die Erfahrung der Auferstehung wird mit substanzieller Liebe, das heißt selbstloser Liebe, erlebt. Der Kampf gegen den Egoismus und die Kultivierung selbstloser Liebe ist in der patristischen Tradition aus diesem Grund der Weg zur Vollkommenheit des Menschen – der Weg zur Theosis. Orthodoxe Ethik kann also nicht als Regelethik gesehen werden, sondern als eine Richtlinie zur Teilhabe am Leben Gottes. Die Gebote sind aus diesem Grund keine verbindlichen Regeln, sondern Gebote der Freiheit, die den Menschen von der Sünde befreien und ihn im Leib Christi erneuern sollen. Ethik ist somit mit der Freiheit des Menschen verbunden und zielt auf seine Vervollkommnung als freier Mensch hin. Freiheit ist keine Promiskuität, Hingabe an das Fleisch und seine Wünsche oder selbstsüchtige Besessenheit von ideologischen Plänen. Sie wird mit der Liebe gewonnen, die aus dem Kreuz Christi hervorgeht. Laut Gregor von Nyssa ist der Mensch frei, weil er Gott repräsentiert und die Fähigkeit besitzt, Gott durch die Gnade durch einen kontinuierlichen Prozess der Vollkommenheit zu ähneln, wobei er sich durch die Freiheit freiwillig der Tugend oder der Sünde zuwenden kann. Schließlich resultiert das Böse laut Gregory Palamas aus dem falschen Einsatz der Selbstgerechtigkeit des Menschen. Die Studierenden sollen in Rahmen der Vorlesung mit den wichtigsten Fragestellungen der Orthodoxen Ethik konfrontiert werden, sowie die theologischen Grundbegriffe die in der Orthodoxen Ethik gebraucht werden kennenlernen. Literatur: N. Berdiajev, Von der Bestimmung des Menschen. Versuch einer paradoxalen Ethik, Bern – Leipzig 1935. H. C. Brennecke, Ethik im antiken Christentum, Leuven 2011. P. Evdokimov, Une vision orthodoxe de la théologie morale. Dieu dans la vie des hommes, Paris 2009. C. Frey, Repetitorium der Ethik, 3. Aufl., Waltrop 1997. C. Giannaras, The Freedom of morality, Creestwood NY 1984; S. Harakas, Wholeness of Faith and Life: Orthodox Christian Ethics, Part one: Patristic Ethics, Part two: Church Life Ethics, Part three: Orthodox Social Ethics, Brooklin-Massachusetts 1999. M. Honecker, Einführung in die theologische Ethik: Grundlagen und Grundbegriffe, Berlin 1990. G. Mantzaridis, Grundlinien christlicher Ethik, St. Ottilien 1998. E. Mühlenberg, Altchristliche Lebensführung zwischen Bibel und Tugendlehre Ethik bei den griechischen Philosophen und den frühen Christen, Göttingen 2006. T. Rendtorff, Ethik, Bd.1, 2 Aufl., Stuttgart 1990. E. Schockenhoff, Grundlegung der Ethik. Ein theologischer Entwurf, Freiburg i. Br. (u.a) 2007. A. Vletsis, Dogmatik oder Ethik? Prolegomena zur systematischen Theologie in der Orthodoxie, in: Orthodoxes Forum 14 (2000) 35-50. Ders., Bildung durch die Praxis der „Gewöhnung“? Von der Kraft der Gestaltung menschlichen Lebens in der Orthodoxie, in: Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 71 (2019) 415-431.


Die ökologische Sorge steht heute in vielen Gesellschaften im Mittelpunkt der politischen und kirchlichen Diskussionen. Die Frage die sich hierbei stellt ist in wie weit die Theologie und besonders die orthodoxe Theologie es sich leisten kann weiterhin von der Herrlichkeit der Schöpfung zu sprechen, in Zeiten, wo die ökologischen Probleme katastrophale Dimensionen auf globaler Ebene angenommen haben. In diesem Rahmen muss man sich dem zuwenden, was die Theologie die gefallene Schöpfung nennt und über die Erbsündenlehre und die Theodizeefrage reden. Die Erbsünden- und Sündenlehre allgemeiner ist ihrer Entstehung nach, die christliche Antwort auf die Theodizeefrage und steht konstitutiv in einem schöpfungstheologischen sowie in einem soteriologischen Horizont. Indes besteht jede christliche Theologie, allen voran die Orthodoxe Dogmatik, auf einem Grundaxiom, bekannt eigentlich aus der Zeit der Patristik in der alten Kirche: Jede Existenz, die aus dem Nichts (bzw. aus der Nicht-Existenz) ins Dasein gerufen wird – in der Sprache christlicher Theologie jedes Geschöpf und die gesamte Schöpfung – ist der Veränderbarkeit und letztendlich der Versehrtheit und der Verderbtheit ausgesetzt. Gibt es keine andere Alternative, als den oft bzw. für viele mühseligen Weg durch diese Welt weiter nolens volens zu gehen, kann man der Kontingenz überhaupt einen Sinn abgewinnen, bzw. einen Sinn/Logos finden für dieses Leben? In diesem Rahmen stellt sich die Frage nach der Freiheit in der Schöpfung. Die Denkbarkeit von Freiheit in der Natur als Rahmenbedingung für eine Schöpfungslehre wirft dabei anthropologische Fragestellungen auf, die in der Vorlesung behandelt werden sollen. Die Studierenden sollen im Rahmen der Vorlesung weiterhin die wichtigsten patristisch theologische Sichtweisen der orthodoxe Schöpfungslehre kennen und verstehen lerne und ihre Dynamik für den aktuellen Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften wahrnehmen können. Literatur: W. Gräb (Hg.), Urknall oder Schöpfung? Zum Dialog von Naturwissenschaft und Theologie, Gütersloh 1995. K. Hilpert – G. Hasenhüttl (Hgg.), Schöpfung und Selbstorganisation. Beiträge zum Gespräch zwischen Schöpfungstheologie und Naturwissenschaften, Paderborn – München – Wien – Zürich 1999. U. H. J. Körtner (Hg.), Schöpfung und Evolution – zwischen Sein und Design. Neuer Streit um die Evolutionstheorie, Wien (u.a.) 2007. R. Kümmel, Die Vierte Dimension der Schöpfung: Gott, Natur und Sehen in die Zeit, Berlin 2015. H. Küng, Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion, München – Zürich 2006. C. Link, Schöpfung: ein theologischer Entwurf im Gegenüber von Naturwissenschaft und Ökologie, Neukirchen-Vluyn 2012. E. Schockenhoff – M. G. Huber (Hgg.), Gott und der Urknall. Physikalische Kosmologie und Schöpfungsglaube, Freiburg i. Breisgau – München 2004. C. Schönborn, Ziel oder Zufall? Schöpfung und Evolution aus der Sicht eines vernünftigen Glaubens, Freiburg i. B. (u.a.) 2007. R. Schwager, Erbsünde und Heilsdrama. Im Kontext von Evolution, Gentechnologie und Apokalyptik, (Beiträge zur mimetischen Theologie 4), Münster 1997. L. Tsypin, Das Geheimnis der Schöpfungstage. Ein Zentralproblem der Hexaemeron-Exegetik, Wachtendonk 2010. 12 A. Vletsis, Erschaffen und schon gefallen? Thesen zur Sündenlehre in der Tradition der orthodoxen Theologie, in: R. Leonhardt (Hg.), Die Aktualität der Sünde. Ein umstrittenes Thema der Theologie in interkonfessioneller Perspektive, (Beiheft zur ökumenischen Rundschau 86), Frankfurt a. M. 2010, S. 29-39. Ders., Vergöttlichung oder Vermenschlichung? Skizze einer christlichen Anthropologie der Vervollkommnung als Teilhabe am Leben Gottes aus der Perspektive orthodoxpatristischer Theologie, in: Ökumenische Rundschau 57 (2008) 144-167. P. Weingartner (Hg.), Evolution als Schöpfung? Ein Streitgespräch zwischen Philosophen, Theologen und Naturwissenschaftlern, Stuttgart (u.a.) 2001. S. Wiedenhofer (Hg.), Erbsünde – Was ist das? Regensburg 1999. I. Zizioulas, (Metropolit v. Pergamon), Die Schöpfung als Eucharistie, Athen 1992 (griech.). 


Das Seminar ist eine Pflichteinführung für Studierende im ersten Semester des Studiums der Orthodoxen Theologie im modularisierten Studiengang (Orthodoxe Theologie als Nebenfach) und gut geeignet als Einführung (Prolegomena) zur Dogmatik für die Studierenden im Diplomstudiengang und damit als Vorbereitung für die Vordiplomprüfung im Fach Fundamentaltheologie. Im Seminar werden vor allem Grundbegriffe der dogmatischen und teilweise auch der ethischen Theologie erklärt, die eine Grundlage Systematischer Theologie darstellen und unmittelbare Relevanz zu vielen weiteren Bereichen des Studiums Orthodoxer Theologie haben. Begriffe wie kataphatische und apophatische Theologie, natürliche und übernatürliche Offenbarung, Vernunft und Logos, Wesen und Energien Gottes, Bild und Gleichnis, Schrift und Tradition (etc.) werden einerseits mit Hilfe von Grundtexten der östlichen Patristik vorgestellt und erläutert; es wird aber weiterhin ihre Aktualität sowohl zu neueren Texten orthodoxer Theologie aufgezeigt, als auch ihre Entsprechung zu Grundbegriffen der Theologie im Westen. Darüber hinaus soll jedoch auch die Theologie die hinter den Begriff steckt und ihre Bedeutung für das Leben an sich aufgezeigt werden. Auf diese Weise wird auch eine Brücke der ökumenischen und gesellschaftlichen Verständigung aufgebaut, die nicht zuletzt auch für Studierende orthodoxer Theologie im Nebenfach hilfreich sein kann. Literatur: (Metropolit) H. Alfejev, Geheimnis des Glaubens. Einführung in die orthodoxe dogmatische Theologie, Freiburg 2003. A. Basdekis, Die Orthodoxe Kirche: Eine Handreichung für nicht-orthodoxe und orthodoxe Christen und Kirchen, Frankfurt a. M. 2007. M. Begzos, Der Apophatismus in der Ostkirchlichen Theologie. Die kritische Funktion einer traditionellen Theorie, in: EEThSA (Bd. 27, 1986) 177-216. N. Berdjajew, Wahrheit und Offenbarung. Prolegomena zu einer Kritik der Offenbarung, Waltrop 1998. S. Bulgakov, Die Orthodoxie. Die Lehre der orthodoxen Kirche, Trier 1996. G. Florovsky, Sobornost, Kirche, Bibel, Tradition, München 1989. A. Kallis, Orthodoxie – Was ist das?, Münster 2004. Ders., Von Adam bis Zölibat – Taschenlexikon Orthodoxe Theologie, Münster 2008, G. Mantzaridis, G. Galitis, P. Wiertz, Glauben aus dem Herzen, Eine Einführung in die Orthodoxie, München 1994,  G. Larentzakis, Die Orthodoxe Kirche. Ihr Leben und ihr Glauben, Berlin (u.a.) 2013. H. J. Geischer, Der byzantinische Bilderstreit, (Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte 9), Gütersloh 1968. H. G. Thümmel, Bilderlehre und Bilderstreit, (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 139), Würzburg 1991. Weitere Literatur wird in der konstituierenden Sitzung bekanntgegeben. Weitere Literatur wird in der Vorbereitungssitzung und während des Seminares bekanntgegeben.


«Die Kirche Christi sieht sich heute konfrontiert mit extremen oder gar provokanten Ausdrucksformen der Ideologie des Säkularismus, wie sie politischen, kulturellen und sozialen Entwicklungen innewohnen. Ein wesentliches Element der Ideologie des Säkularismus war immer und ist auch heute die volle Autonomie des Menschen von Christus und vom geistlichen Einfluss der Kirche, indem unbegründet die Kirche mit Konservativismus identifiziert und unhistorisch unterstellt wird, die Kirche sei ein Hindernis für jeden Fortschritt und jede Entwicklung.». Mit diesen Worten wird in der Enzyklika der Synode von Kreta (2016) das Zusammenstoßen von Ideologie und Kirche beschrieben. Die Ideologie verstand sich, auch wenn sie sich heute mancherorts in unterschiedlichen Ausdrucksformen tief in kirchlichen Kreisen verankert hat, als Gegensatz zur Theologie und Kirche. Der Ideologie Begriff ist ein Kind der Aufklärung und hat viele Definitionsphasen erfahren. Als anfänglich Antoine Louis Claude Destutt de Tracy 1801–1805 sein Werk „Éléments d’idéologie“ schuf und damit begriffsprägend wirkte, beabsichtigte er, eine „Wissenschaft von den Ideen“ zu entwickeln, die mit allen metaphysischen Irrtümern und Voreingenommenheiten des religiös geprägten Weltbilds aufräumen wollte. Das Seminar beschäftigt sich mit der Grundfrage der Ideologie und analysiert die ideologischen Strömungen vor allem des 19. und 20.  Jahrhunderts (unter andrem des Kommunismus, Nihilismus, Sozialismus, Nationalismus, Säkularismus), sowie deren Beitrag zur Formulierung des heutigen Menschenbildes. Darüber hinaus werden die verschiedenen anthropologische Ansätze der Ideologien mit dem orthodoxen Menschenbild verglichen und die Reaktion der Orthodoxen Kirchen auf die ideologischen Strömungen aufgezeigt. Das Seminar stützt sich hierbei auf verschiedene philosophische und theologische Grundtexte die vertieft behandelt werden. Literatur: Hamilcar Alivisatos (Hrsg.), Procès Verbaux du Premier Congrès de Théologie Orthodoxe a Athènes 29 Novembre – 6 Décembre 1936, Athènes 1936., Nikolai Berdiajew Wahrheit und Lüge des Kommunismus, Wien 1977., Nikolai Berdiajew, Das neue Mittelalter. Betrachtungen über das Schicksal Russlands und Europas, Tübingen 1950., Frank Golczewski, Gertrud Pickhan, Russischer Nationalismus, Göttingen 1998., Vasilios Makridis, Religion Staat und Konfliktkonstellation im orthodoxen Ost- und Südosteuropa. Vergleichende Perspektiven, Frankfurt am Main 2005., Vasilios Makridis, Christentum und Menschrechte in Europa. Perspektiven und Debatten in Ost und West, Frankfurt am Main 2016., Andreas Kappeler, Nationalismus im Vielvölkerreich Russland? in: Otto Dann (Hrsg.), Nationalismus in vorindustrieller Zeit, München 1986., Gerhard Kardinal Müller, Der Glaube an Gott im säkularen Zeitalter, Freiburg 2020., Ekkehard Kraft, Von der Rum Milleti zur Nationalkirche-die orthodoxe Kirche in Südosteuropa im Zeitalter des Nationalismus in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Neue Folge, Bd. 51, Festschrift für Frank Kämpfer zum 65. Geburtstag (2003), 392-409., Kurt Kardinal Koch, Gottes Freude und Freude an Gott, Perspektiven heutiger Glaubensverantwortung, Freiburg 2020., Eugen Rose, Nihilismus. Die Ideologie des Antichristen Wachtendonk 2011.

Das Seminar ist eine Pflichteinführung für Studierende im ersten Semester des Studiums der Orthodo-
xen Theologie im modularisierten Studiengang (Orthodoxe Theologie als Nebenfach) und gut geeignet als
Einführung (Prolegomena) zur Dogmatik für die Studierenden im Diplomstudiengang und damit als Vorberei-
tung für die Vordiplomprüfung im Fach Fundamentaltheologie. Im Seminar werden vor allem Grundbegriffe der dogmatischen und teilweise auch der ethischen Theologie erklärt, die eine Grundlage Systematischer The-
ologie darstellen und unmittelbare Relevanz zu vielen weiteren Bereichen des Studiums Orthodoxer Theologie
haben. Begriffe wie kataphatische und apophatische Theologie, natürliche und übernatürliche Offenbarung,
Vernunft und Logos, Wesen und Energien Gottes, Bild und Gleichnis, Schrift und Tradition (etc.) werden
einerseits mit Hilfe von Grundtexten der östlichen Patristik vorgestellt und erläutert; es wird aber weiterhin
ihre Aktualität sowohl zu neueren Texten orthodoxer Theologie aufgezeigt, als auch ihre Entsprechung zu
Grundbegriffen der Theologie im Westen. Darüber hinaus soll jedoch auch die Theologie, die hinter dem Be-
griff steckt und ihre Bedeutung für das Leben an sich aufgezeigt werden. Auf diese Weise wird auch eine
Brücke der ökumenischen und gesellschaftlichen Verständigung aufgebaut, die nicht zuletzt auch für Studie-
rende orthodoxer Theologie im Nebenfach hilfreich sein kann.