Die Historischen Grund- oder Hilfswissenschaften stellen die Basis für jegliches historisches Arbeiten dar, weil sie den richtigen Umgang mit historischen Quellen vermitteln, ohne den eine adäquate Interpretation der Quellen nicht möglich ist. Es handelt sich um ein Fächerbündel von sehr unterschiedlichen Disziplinen (wie Paläographie, Diplomatik, Epigraphik, Sphragistik, Heraldik etc.), für die jeweils ein sehr differenziertes Instrumentarium an Methoden notwendig ist. Die Vorlesung gibt einen Überblick über die wichtigsten dieser Disziplinen und ihre Hilfsmittel und berücksichtigt dabei in besonderer Weise auch die immer wichtiger werdenden Ansätze der Digital Humanities in diesem Bereich.

 Im Lektürekurs innerhalb des Master-Studiengangs lesen die Studierenden selbständig wissenschaftliche Literatur, die zu den Grundlagenwerken der Historischen Grundwissenschaften gehört oder einen besonderen Einfluss auf die Forschung ausgeübt hat. Die Auswahl der Titel erfolgt in Absprache mit dem Dozenten in der ersten Sitzung; in einer Zwischenbesprechung gegen Mitte des Semesters können etwaig auftretende Fragen oder Probleme erörtert werden; im gemeinsamen Abschlussgespräch am Semesterende wird die Lektüre diskutiert.

Eneas Silvius Piccolomini ist eine Schlüsselfigur für die Rezeption des italienischen Renaissance-Humanismus nördlich der Alpten. 1405 in Corsignano (später Pienza) bei Siena geboren, machte er zunächst nördlich der Alpen am Konzil von Basel und später am Hof Kaiser Friedrichs III. Karriere, ehe er nach Italien zurückkehrte und 1458 zum Papst gewählt wurde (Pius II.). Er hinterließ ein reiches literarisches Oeuvre aus fast allen literarischen Genera (Lyrik, Geschichtsschreibung, Novellen, Briefe etc.), das teils enorme Berühmtheit erlangte. Dieses soll auch im Mittelpunkt der Lehrveranstaltung stehen, indem die Überlieferung der einzelnen Werke in den Blick genommen und untersucht werden soll, welche Rückschlüsse sich aus daraus für uns gewinnen lassen (Intentionen des Autors und von ihm oder von anderen durchgeführte Veränderungen, Verbreitung und Rezeption der Werke und ihre Rolle nördlich der Alpen usw.). Vorgesehen ist auch eine zwei- bis dreitägige Exkursion nach Wien, bei der Piccolomini-Handschriften im Orginal konsultiert werden sollen.


Im Oberseminar wird über den Stand der laufenden Bachelorarbeiten, Master-/Magister-arbeiten und Dissertationen berichtet; zudem stellen Mitarbeiter und auswärtige Kollegen ihre Projekte vor. Geplant sind außerdem zwei kleinere Exkursionen. Die Termine werden in der ersten Sitzung noch bekannt gegeben.


Trotz (oder auch wegen) der stark anwachsenden Anzahl von verfügbaren Digitalisaten mittelalterlicher Handschriften und Inkunabeln bzw. Frühdrucken im Internet ist die Beschäftigung mit den Originalobjekten noch immer eine Grundvoraussetzung der Beschäftigung mit historischen Buchbeständen. Die Kodikologie (oder Handschriftenkunde) beschäftigt sich mit den physischen Aspekten des mittelalterlichen und neuzeitlichen Buches, also mit dem Beschreibstoff (Pergament, Papier etc.), dem Aufbau der Bände (Lagenformel), mit dem Einband, Benützerspuren usw. Die Lehrveranstaltung gibt einen Einblick in den derzeitigen Stand der Kodikologie und ihrer Teilaspekte und will vor allem den angemessenen Umgang mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Büchern vermitteln, wobei auch an Originalen gearbeitet werden soll.


Das spätantike Ägypten nimmt in der Forschung zum Charakter der Spätantike als Übergangs- und/oder "eigenständiger" Epoche vor allem aufgrund der Überlieferungssituation eine besondere Rolle ein. Im Gegensatz zu anderen von den islamischen und germanischen Heeren eroberten Gebieten des Römischen Reiches haben sich aus Ägypten hunderttausende von Papyri erhalten. Diese Quellen erlauben uns ein detailliertes Bild der antiken Welt aus der Perspektive auch von Personen außerhalb einer kleinen Elite – in die Netzwerke und alltäglichen Prozesse spätrömischer Herrschaftspraxis und provinzialen Lebens.

Diese Perspektive abseits hoher Politik und abstrakter theologischer Dispute bietet ein einzigartiges Fenster in die alltäglichen Lebenswelten einer Gesellschaft vor und im Gefolge einer sehr konkreten Umbruchssituation – der islamischen Eroberung Ägyptens 639–642 n. Chr. Dieses Bild wird dadurch bereichert, dass in der historisch-papyrologischen Forschung die Disziplinen der Altertumswissenschaften, Geschichtswissenschaften, der Ägyptologie/Koptologie und der Arabistik bei aller Verschiedenheit zunehmend Wege interdisziplinärer Arbeit und Instrumenta suchen. Die Wissenschaft der Papyrologie nimmt hier eine Art Mittlerinnenrolle ein und kann dieses reiche Quellenmaterial für Wissenschaftler:innen ohne papyrologische Ausbildung nutzbar machen und so werden zunehmend historische Arbeiten auf Grundlage der Papyri auch von Nicht-Papyrolog:innen verfasst.

Angesichts dieser Tendenz möchte die Übung über zwei ineinandergreifende Ansätze Studierenden den Reichtum der Papyri zugänglich machen und sie in die Lage versetzen, dieses im Bereich der Antike unvergleichlich umfangreiche und nach wie vor stetig wachsende Quellencorpus für ihre Arbeit zu nutzen:

Thematisch wird das Leben der Provinzbevölkerung v. a. unter spätrömischer, aber auch unter frühislamischer Herrschaft im Zentrum stehen. Hierbei werden anhand individueller Papyri Fragen nach der Herrschaftsausübung durch Verwaltung, Militär und Justiz ebenso behandelt wie solche nach dem Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und kulturellen Transferprozessen, der Beziehung zwischen staatlicher Verwaltung und Individuum, wirtschaftlichen Prozessen sowie sozialen Strukturen, um zu erkunden, welche Auswirkungen des Herrschaftswechsels für die Provinzbevölkerung spürbar waren.

Methodisch wird die Übung vor allem die Arbeit mit den Papyri, auch im Zusammenspiel mit anderen Quellengattungen, umfassen. Zentrale Inhalte sind die Lektüre und historische Auswertung papyrologischer Quellen, der Umgang mit papyrologischen Editionen, Kommentaren und Datenbanken sowie die Diskussion historisch-papyrologischer Fachliteratur.

Anhand der früh- und hochmittelalterlichen Kaiser- und Königsurkunden werden in dieser Übung die Grundlagen von Edition und Regestierung vermittelt. Nach einem Überblick über die Entwicklung der Urkunden sowie ihrer inneren und äußeren Merkmale und einer Stippvisite in andere notwendige Teilgebiete der Historischen Grundwissenschaften (wie Chronologie oder Sphragistik) werden die verschiedenen Bearbeitungsmöglichkeiten von Urkunden vorgestellt. Aber wir werden nicht nur theoretisch an die Thematik herangehen, sondern auch anhand ausgewählter Beispiele Transkriptionen erstellen, Regesten erarbeiten und uns mit dem Prinzip der Textkritik auseinandersetzen sowie verschiedene Schwierigkeiten, mit denen ein Urkundenbearbeiter zu kämpfen hat, kennenlernen. Eine kurze Erinnerung: die meisten früh- und hochmittelalterlichen Urkunden sind auf Latein, mindestens (Grund-)Kenntnisse in dieser Sprache sind also durchaus wünschenswert. Am Ende des Semesters ist ein Besuch bei den Monumenta Germaniae Historica (Deutsches Institut für Erforschung des Mittelalters) geplant.


Das Wappenwesen Europas, das sich ab dem 12. Jahrhundert ausbildete, wird populär als "Kurzschrift der Geschichte" ("shorthand of history") bezeichnet. Tatsächlich bilden Wappen in ihrer nahezu universellen Verwendung eine der wichtigsten Chiffren der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaft – im Hochadel ebenso wie im städtischen Patriziat oder sogar in einzelnen ländlichen Bezugsfeldern. Auswirkungen dieser Entwicklungslinien sind bis heute spürbar. Die Übung möchte Grundlagen legen zur eigenständigen Beschäftigung mit der Wappenkunde als ergänzende Hilfswissenschaft der Geschichtsforschung. Neben einem Abriss der geschichtlichen Entwicklung der Wappen in Europa mit gelegentlichen Ausblicken auf außereuropäische Gesellschaften und Kulturen werden grundlegende Literatur besprochen sowie die Grundlagen der üblichen Wappenbeschreibung (Blasonierung) vermittelt. Exkurse führen in die Teildisziplinen der Vexillologie (Fahnen- und Flaggenkunde) sowie der Phaleristik (Lehre von Orden und Ehrenzeichen) ein.

Das Gelernte wird anhand der heute noch in Kirche und Kreuzgang St. Anna in Augsburg vorhandenen Wappendarstellungen vertieft. Während einer gemeinsamen Exkursion und selbstständig erarbeiten die Teilnehmenden gemeinsam einen "Wappenplan" und vergleichen ihn mit der in zwei Plänen dokumentierten Situation des 17. Jahrhunderts. Dies gilt als Ablegen der Prüfungsleistung.

Die Übung macht die Studierenden mit den in spätmittelalterlichen Fürstenkanzleien vorherr-schenden Archivalientypen vertraut. Wir beschäftigen uns mit Urkunden, Amtsbüchern – wie Register- und Kopialbüchern, Urbaren oder Rechnungen – und werfen einen Blick auf die Entstehung von Akten. Unser Augenmerk gilt dem Aufbau, der materiellen Beschaffenheit, der Schrift und dem Zweck der Archivalien. Darüber hinaus werden wir uns in der Veranstal-tung Kenntnisse spätmittelalterlicher Schriften aneignen und vertiefen. Die Übung ist also auch für Studierende geeignet, die das Lesen gotischer Buchschriften und Kursiven erlernen wollen. Insgesamt erlangen die Studierenden in der Übung nicht nur einen Einblick in die Funktionsweise spätmittelalterlicher Schriftlichkeit und Herrschaftspraxis, sondern können sich ein Fundament für selbständige wissenschaftliche Forschungen im Archiv aneignen. Da wir auch anhand der Originale arbeiten, werden einzelne Sitzungen im Bayerischen Haupt-staatsarchiv stattfinden.