Das ‚lange 19. Jahrhundert‘ wurde sowohl im Iran als auch in der Türkei geprägt durch Modernisierung, zunehmende Kontakte zu Europa, die Einführung von neuen Technologien und eine Suche nach der eigenen Identität. Diese historischen Bedingungen lassen sich in der Kunst ebenfalls gut wieder erkennen; Neue Medien wie etwa die Buchdruckkunst und Fotografie wurden eingeführt, und auch in den Stilen und dargestellten Themen veränderte sich einiges. Man kann in dem Sinne von einer ‚Okzidentalisierung‘ der Kunst und Architektur sprechen, dass Medien, Stile und Themen aus Europa angenommen oder der eigenen Kunst angeglichen wurden. Auch der europäische Orientalismus – der westliche Blick auf den Nahen und Mittleren Osten – beeinflusste sowohl die Kunst als auch die Art, wie man im Iran und in der Türkei über sich selbst und den ‚anderen‘ nachdachte. Mit diesen Aneignungen drohte aber gleichzeitig die Gefahr, sich von der eigenen Tradition zu entfernen, und in beiden Regionen lassen sich, auf künstlerischen wie auf anderen Ebenen, auch Weiterführungen und Wiederbelebungen der eigenen Geschichte erkennen.

In diesem Seminar ziehen wir den Kadscharischen Iran und die Osmanische Türkei als Fallstudien für die Frage heran, wie sich der Dialog mit Europa in der Kunst des 19. Jahrhunderts etablierte. Hierbei werden wir uns mit unterschiedlichen Kunstgattungen und Themen wie Exotismus, Gender, Kolonialismus, Okzidentalismus und Orientalismus, Religion, Tradition und Modernität befassen. Auch die Unterschiede zwischen den beiden Reichen werden hierbei berücksichtigt und in Wochenthemen wie etwa ‚Porträtkunst‘, ‚Fotografie‘, ‚akademische Malerei‘ und ‚Wiederbelebung‘ besprochen.