Der "Orient" bezeichnet im modernen Europa ein Konstrukt, welches nicht nur Nordafrika und die Levante einschloss, sondern sich über den Balkan, Anatolien und die arabische Halbinsel bis nach Indien, China und Japan erstreckte. Dabei fungierte das sogenannte „Morgenland“ als Imaginationsraum und Sehnsuchtsort, der auch eine starke Faszination auf europäische jüdische Reisende, Gelehrte und Künstler ausübte. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts - nicht zuletzt mit Aufkommen des Zionismus - eröffnete der „Osten“ insbesondere für europäische Juden zwar eine Alternative zum vertrauten „Okzident“, allerdings war damit auch eine starke Ambivalenz verbunden: Auf der einen Seite verortete man in der östlichen Geographie den Ursprung der eignen Religion und damit verbundene Authentizität, auf der anderen Seite wurden mit ihr Assoziationen wie Rückständigkeit und Fremdheit in Verbindung gebracht. Diese konfliktreiche Aushandlung zwischen Verzauberung, Mystifizierung und Abwertung kommt in ihren unterschiedlichen Nuancen in zahlreichen Reiseberichten und literarischen Texten jüdischer Autorinnen und Autoren des 19.- und 20. Jahrhunderts zum Ausdruck.

Im Seminar werden anhand der Auseinandersetzung mit einer Bandbreite an textuellen und visuellen Quellen unterschiedliche Orient-Darstellungen analysiert und kritisch diskutiert sowie in den historischen Kontext eingeordnet.

Die Teilnahme am Seminar beinhaltet die verpflichtende (aber vergünstigte) Teilnahme an der Europäischen Sommeruniversität für Jüdische Studien, die vom 11.- 16. Juni 2023 in Hohenems, (Österreich) stattfindet. Zum Programm siehe unter https://www.jgk.geschichte.uni-muenchen.de/sommeruniversitaet/index.html

 

Prüfungsformen im BA und mod. LA: RE