Der Begriff "Autotheorie" tauchte erst in den 2010ern am Theoriehorizont auf, erlebt aber seitdem definitiv einen 'Hype'. Aus einer engen Symbiose mit zwei bahnbrechenden Werken der Queer Literature hervorgehend - Paul Preciados Testo Junkie (2013) und Maggie Nelsons The Argonauts (2015) - , führt der Begriff die Felder der Autobiographie und der Gender- und Queerdiskurse zusammen und beschreibt das Anliegen, 'hohe' Theorie durch unseren physischen, materiellen Körper und dessen Bedingtheiten zu denken. So bahnbrechend das Konzept gerade für den geisteswissenschaftlichen Diskurs zu sein scheint, so unübersichtlich, ja teilweise geradezu arbiträr wirkt dessen Anwendung und Ausarbeitung in unterschiedlichen Kontexten. 

Dieses Seminar versucht, einen Weg durchs Dickicht der Autotheorie zu schlagen und das Versprechen wie auch die Probleme, die mit diesem Begriff einhergehen, über die Lektüre ausgewählter literarischer Texte zu erkunden. Bisher hauptsächlich und in enger Weise mit zeitgenössischer Literatur verknüpft, werden wir im Seminar anhand von Texten/Textauszügen wie Augustinus Confessiones und Sigmund Freuds Traumdeutung auch eine historisierende Lesart versuchen.