Diaspora – das Leben als ethnische oder kulturelle Gemeinschaft in der Fremde – stellt, wie Ruth Mayer schreibt, eines der zentralen Paradigmen unserer heutigen globalisierten Welt dar. Es hat aber in jüngerer Zeit auch als kulturwissenschaftliches Konzept Karriere gemacht, mit dem sich gesellschaftliche Phänomene, die sich einer nationalstaatlichen Zuordnung entziehen, analysieren lassen. Beispielhaft zeigt sich dies an Paul Gilroys Buch The Black Atlantic: Modernity and Double Consciousness (1993), das den Atlantikraum als transnationalen und transkulturellen Raum beschreibt, in dem sich die Erfahrungen von Menschen in der afrikanischen Diaspora in besonderer Weise artikulieren. Dieses ungeheuer einflussreiche Konzept wurden in jüngerer Zeit um weitere maritime Räume erweitert, die auch diasporische Bewegungen in anderen Teilen der Erde in den Blick nehmen und damit die vorrangige Stellung der atlantischen Achse durchbrechen. Dieses Seminar nimmt die kulturellen, historischen und ästhetischen Dimensionen dieser sogenannten „crosscutting diasporas“ (Isabel Hofmeyr) in den Blick und fragt danach, wie Erfahrungen von Fremdheit, Entwurzelung, Erinnerung, forced migration, Widerstand, Trauma und Identitätsbildung in Literatur und Film bearbeitet werden. Anhand ausgewählter literarischer Texte und Filme – vornehmlich aus dem anglophonen Raum – untersuchen wir, wie diasporische Subjektivität erzählt, performt und imaginiert wird – zwischen Afrika, Europa, der Karibik und Nordamerika.
Zugleich hinterfragt das Seminar nationale Kategorien von Kulturproduktion und öffnet den Blick für hybride Ästhetiken und transkulturelle Erzählformen. Themen wie kulturelles Gedächtnis, postkoloniale Theorie, race, gender und Raumkonzepte werden in den Diskussionen eine zentrale Rolle spielen.
- Trainer/in: Sarah Fekadu-Uthoff