Obwohl ihm nur ein kurzes Büchlein gewidmet ist, zählt Jona zu den bekanntesten Propheten des Alten Testaments. Dies hat vielfältige Gründe. Was von ihm erzählt wird, besonders dass ein großer Fisch ihn zunächst verschluckt, dann aber an Land speit, ist zweifellos unerhört. Diese märchenhaften Züge haben dem Jona-Buch einen Platz in der christlichen Kindererziehung gesichert und viele kleine Künstlerinnen und Künstler zu bemerkenswerten Zeichnungen inspiriert. Doch ist mit dem gruseligen Staunen über Jonas Abenteuer mit dem Riesenfisch schon das Wesentliche über dieses Buch erfasst? Da ist zum Beispiel ja auch noch der durchaus irritierende Schluss, wo Jona, der (verdient???) Gerettete, sich den Tod wünscht, weil andere vor dem Untergang verschont blieben. Der Text selbst und seine vielfältige, intellektuell anspruchsvolle Wirkungsgeschichte zeigen, dass der sensationelle Charakter der Geschichte nur eine Art Eingangstor zu einer äußerst kunstvoll gestalteten, theologisch tiefgründigen Prophetenerzählung ist. Den Reichtum der Jona -Erzählung in seiner sprachlich-narrativen Gestaltung und theologischen Vielschichtigkeit zu erschließen und Beispiele seiner jüdischen und christlichen Rezeptionen kennen und verstehen zu lernen, ist Ziel der Vorlesung. 

„Aufstieg und Fall“ ist eine geprägte Wendung im Deutschen, z.B. im Titel der bekannten Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ von B. Brecht / K. Weill, aber auch in unterschiedlichsten Zusammenhängen medialer Berichterstattung. „Fall und Aufstieg“ hingegen begegnet eher seltener. Beide mit Lebenserfahrungen verbundenen Bewegungsrichtungen begegnen vielfältig in der Erzählung von Josef, dem Lieblingssohn Jakobs in Gen 37 – 50, nicht nur in Bezug auf den Protagonisten, sondern auch bei mehreren Nebenfiguren. Josefs Leben beginnt gewissermaßen mit einem jähen Aufstieg ohne sein Zutun, weil er als erster Sohn Rebekkas, Jakobs großer Liebe, der Lieblingssohn seines Vaters ist. Doch kommt es zu einem Fall in mehreren Etappen: Seine eifersüchtigen Brüder verkaufen ihn als Sklave in ein fremdes Land, wo ihn noch Schlimmeres erwartet, da er in Folge von Verleumdung lange im Gefängnis sitzen muss. Doch von diesem Tiefpunkt aus kommt es zu einem Aufstieg, der alles vorherige übertrifft und in die Aussöhnung der ganzen Familie mündet. Die Josefserzählung bietet einen Schatz lebendiger Erzählkunst, deren innere Antriebskraft die besondere Beziehung des Gottes Israel zu Jakob, Josef und seiner ganzen Sippe bildet.    

Die Vorlesung erschließt in einem propädeutischen Teil den Ort und die Rolle der Josefsgeschichte in der Pentateucherzählung, ihre Struktur, literarische Eigenart und Theologie sowie die Hintergründe ihrer Entstehung. In einem exetischen Teil werden ausgewählte Szenen analysiert und interpretiert, wobei ein Schwerpunkt auf der Sprache, Bildwelt und Theologie liegt.

 

 


Die Übung findet als Kooperationsveranstaltung von Dr. Veronika Lütkenhaus, Alttestamentliche Exegese, und Dr. Markus Müller, Bayerische Geschichte, statt.

Ziel ist es, am Beispiel der künstlerischen Ausstattung der beiden Klöster Wettenhausen und Ottobeuren die Lebenswelt des bayerisch-schwäbischen Barock vor dem Hintergrund theologisch-geistlicher Deutungen besser zu verstehen. Das Alte Testament besaß genauso wie das Neue Testament und die Kirchenväter eine enorme Relevanz für die den Barock prägenden geistlichen Orte in Süddeutschland. Entsprechend leicht dürfte den Bewohnern der Klöster die Interpretation ihrer künstlerischen Ausstattung auf Gemälden und Fresken gefallen sein. Dem heutigen Publikum entzieht diese sich jedoch oft. Mit zwei Blockseminaren vor Ort wird die Übung versuchen, sie gemeinsam aus historisch genauso wie aus theologischer Perspektive zu erschließen.


Thema des Seminars werden zentrale Texte des Alten Testaments sein (z. B. Gen 1-3; Gen 15; Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21; Jes 6,1-13; Jer 1; Am 1f.; Ps 23). Das Seminar ist gleichzeitig als Examensvorbereitungskurs für das Staatsexamen (sowohl unvertieft als auch vertieft) im Fach Altes Testament konzipiert. Im Zuge des Seminars werden die Staatsexamensinhalte auf dem „Neuen Bibelstudium“ getestet und erweitert. Je nach Gruppenzusammensetzung wird der Schwerpunkt entsprechend gelegt. Das Seminar findet als Blockseminar statt.

AT-Lektürekurs

Begleitend zur Vertiefungs-VL "Loblieder der Schriftpropheten/Jesaja"

Montags 16 - 18 Uhr c.t.

Raum DZ001 (Zugang durch Treppenhaus an der Poststelle rechts vom Haupteingang der LMU)

AT-Vorlesung

Mittwochs 12 - 14 Uhr c.t.

Raum A 120

AT-Vertiefungsvorlesung 

Montags 12 - 14 Uhr c.t.

Raum A 119

Sowohl Loben als auch Klagen gehört zu den Grundvollzügen menschlichen Lebens. Wo Menschen miteinander zu tun haben, wird gelobt und geklagt, in Familie, Berufsleben, unter Nachbarn, im Straßenverkehr, usw. Sind Lob und Klage in die Form eines gesprochenen oder gesungenen Gebets gefasst, leisten sie daher nichts weniger, als ein Grundelement menschlichen Daseins auf eine transzendente Ebene zu heben. Typisch für den Akt des Lobens ist dabei, dass er im Unterschied etwa zur Bitte keinen praktischen Zweck verfolgt. Lob ist Ausdruck der Freude am Guten und des Bedürfnisses, diese mit anderen zu teilen. Sobald Lob geäußert wird, weil damit – stets indirekt – ein bestimmter Zweck verfolgt wird, ist es kein reines, echtes Lob mehr. Ihm haftet der Makel der Unehrlichkeit an. Dies gilt selbst dann, wenn z.B. pädagogisch verzwecktes Lob eigentlich ein gutes Ziel verfolgt, und mehr noch, wenn Lob zur egoistisch motivierten Lobhudelei wird. Die ehrliche Haltung als wesensmäßige Voraussetzung echten Lobes ist ein Charakteristikum, das dem Lob im Verhältnis des Menschen zu Gott eine besondere Bedeutung verleiht. Wenn der Mensch Gott von Herzen lobt, dann ist ihm eine Unbefangenheit und Unmittelbarkeit gegeben, die ihn der Quelle des Lebens besonders nahe sein lässt.

Die Lobgebete bei den Schriftpropheten sind insofern besonders interessant, als sie in einem spezifischen Verhältnis zur prophetischen Verkündigung stehen. Während Letztere sich an Menschen richtet, indem sie die Gegenwart kritisch beleuchtet und Gericht oder Heil ankündigt, verleihen die Gebete der Prophetie eine dialogische Dimension, indem sie  Reaktionen auf Gottes Wort darstellen. Der Mensch ist dem Verkündeten nicht einfach unterworfen, sondern er kann in Lob oder auch Klage dazu Stellung nehmen. So akzeptieren etwa die Beter von Jes 12 ein früher angekündigtes und eingetretenes Gericht als Läuterungsprozess, der dauerhaft zum Heil führt. In Jes 25,1-5 preist ein Individuum den Herrn, der sich dem Geringen im Angesicht überlegener Feinde als unüberwindbare Festung erwies. Das Lob weitet sich in Jes 26 auf das ganze Gottesvolk aus, das sich dank erfahrener Rettung zu JHWH als „Fels der Ewigkeiten“ bekennt.

Neben der Exegese einzelner Texte und ihres Kontextes, beleuchtet die Vorlesung in einem propädeutischen Teil wichtige Grundlagen alttestamentlicher Gebete und ihrer Einbindung in die Prophetie. Dabei werden nicht nur spezifisches Vokabular und Überlieferungsquellen von Gebeten sowie das Verhältnis von Prophetie und Gebet behandelt, sondern auch archäologische Einblicke zu Kultstätten in Palästina als den prominentesten Orten von Opfer und Gebet vermittelt. 

Das Seminar „Das Israelitische Bundesbuch (Ex 21 – 23) im Spiegel altorientalischer und römischer Rechtskultur“ widmet sich am Beispiel des ältesten israelitischen Codex Fragen des Zusammenwirkens von Recht und Religion in der Antike, wobei ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt wird, der neben der Alttestamentlichen Exegese auch Erkenntnisse der Rechtsgeschichte und Altorientalistik einbezieht. In einem einführenden Teil werden überblicksweise das israelitische Rechtswesen, die diesbezügliche Bedeutung des Bundesbuchs, seine kontextuelle Einbindung in die Pentateucherzählung sowie seine rechtlichen und theologischen Anliegen behandelt. Sodann erfolgt in Sitzungen zum mesopotamischen und frühen römischen Rechtswesen eine Erschließung relevanter Aspekte der antiken Lebenswelt, in die die israelitischen Gemeinwesen eingebunden waren. An die einführenden Überblicksthemen schließen sich exegetische Untersuchungen wichtiger Einzelperikopen des Bundesbuches an, die religiöse Rechtsregelungen, Grundstückswesen, Sklavenrecht, Familienrecht, Eigentum und Strafrecht betreffen. Auch bei diesen speziellen Themen werden relevante Rechtsinstitute der mesopotamischen und römischen Kultur behandelt und einem Vergleich mit Israel unterzogen. Ein besonderes Augenmerk liegt durchgehend auf der Erforschung der wechselseitigen Durchdringung religiöser und rechtlicher Sachverhalte.


Das Alte Testament bildet ein wichtiges Fundament des christlichen Glaubens. Grundkenntnisse über Entstehung und Inhalt der alttestamentlichen Schriften sind deshalb unabdingbar. Die Übung gibt Einblicke in die fachwissenschaftliche Methodik und vermittelt einen Überblick über Inhalt sowie zentrale theologische Aussagen ausgewählter alttestamentlicher Schriften. Die SeminarteilnehmerInnen sollen so zu einem vertieften Verständnis des Alten Testaments gelangen und Wege zu einem inhaltlich fundierten Umgang mit alttestamentlichen Texten erarbeiten.

In verschiedenen Psalmen finden sich theologisch deutende Rückblicke auf die Geschichte Israels. Als Geschichtspsalmen gelten insbesondere Ps 77–78; 105–106; 114; 135–136. Durch die erinnernde Vergegenwärtigung der Geschichte kann sich jede neue Generation des Gottesvolkes ihrer Identität vergewissern. Welche „Ereignisse“ erinnert werde und wo sich Leerstellen finden, mag aber überraschen.

Zu Beginn des Kurses werden wir Ausschnitte aus dem äthiopischen Henochbuch (natürlich auf Griechisch) übersetzen. Im weiteren Verlauf wird gemeinsam mit allen Teilnehmern ein weiterer Text zur Lektüre ausgesucht. Vorschläge sind gerne willkommen.

An biblischen und außerbiblischen antiken Texten gehen wir dem Phänomen von Wundererzählungen nach. Neben Texten wie Mk 11,12-14 par. Mt 21,18-22 (Verfluchung des Feigenbaums), 1Kön 17,17-24 (Auferweckung des Sohnes der Witwe von Sarepta) und IG IV²,1 121-124 (inschriftliche Wundererzählungen aus Epidauros) sollen auch hermeneutische Fragestellungen diskutiert werden: Unter der Leitfrage „Was ist überhaupt ein Wunder?“ kommen sowohl die Gattungskritik (Theißen) wie auch die Frage nach Plausibilitätsannahmen (Alkier) zur Sprache. Schließlich wollen wir das Thema „Wundererzählungen“ auch religionsgeschichtlich einordnen und zu den Themenbereichen „Medizin“ und „Magie“ in Beziehung setzen.

Dieses Seminar wird vom Lehrstuhl für Alttestamentliche Theologie und vom Lehrstuhl für Neutestamentliche Exegese und biblische Hermeneutik veranstaltet.


Im Tutorium werden wir vertieft Fragen zur Vorlesung des Esra- und Nehemiabuchs    nachgehen. Dabei liegt der Fokus auf den Themen, welche die Studierenden selbst einbringen.