Diese Übung widmet sich der als Flateyjarbók bekannt gewordenen isländischen Handschrift GkS 1005 fol., einer der prächtigsten und zugleich größten altisländischen Sammelhandschriften. Im späten 14. Jahrhundert von zwei Geistlichen geschrieben und illuminiert, wurde sie Mitte des 17. Jahrhunderts an König Frederick III. von Dänemark geschenkt und nachfolgend in Kopenhagen aufbewahrt. Im Jahre 1971 kam die Flateyjarbók nach Island zurück, wo sie vor Kurzen restauriert und neu eingebunden wurde.

Diese Handschrift, die uns in München in einer sehr schönen Faksimileausgabe vorliegt, wird in der Übung zunächst hinsichtlich ihres formalen und inhaltlichen Aufbaus sowie ihrer Transmission erkundet. Mit ihren 225 ausgesprochen großen Pergamentblättern handelt es sich nicht nur um die umfangreichste isländische Handschrift, sondern auch um die einzige erhaltene Quelle des Eddischen Gedichtes Hyndluljóð, der Grænlendinga saga, sowie zahlreicher Þættir.

Die formale und inhaltliche Erkundung der Handschrift findet ihren Abschluss in einem eintägigen Blockseminar am 21.12., das gemeinsam mit Dr. Beeke Stegmann (Stofnun Árna Magnússonar, Reykjavík) gehalten werden wird. Im Rahmen des Blockseminars erhalten die Teilnehmenden am Beispiel der Flateyjarbók einen praktischen Einblick in verschiedene Aspekte der Handschriftenkunde. Hierbei sollen insbesondere folgende Themen aus isländischer Perspektive angesprochen werden: gothische Buchschrift, Hierarchie von Illuminationen sowie Buchproduktion.

Ziel dieses Seminars ist es, den Studierenden anhand des Beispiels einer ausgewählten mittelalterlichen Sammelhandschrift die gesamte Bandbreite materiell-philologischen Arbeitens aufzuzeigen; weniger als der Inhalt selbst der in der Handschrift versammelten zahlreichen Texte soll uns die Herstellung, Komposition und Anordnung, Ausgestaltung, Aufbewahrung sowie die intendierte Leserschaft der Handschrift interessieren.