Die Renaissance in Italien ist ein Zeitalter des Dialogs – nicht nur im Sinne des Austauschs, sondern auch und vor allem im Sinne der literarischen Gattung, wie sie in der Antike von Plato, Cicero und Lukian begründet und geprägt worden ist: Es gibt kaum eine Frage, die zwischen 1400 und 1600 nicht in der literarischen Form eines Gesprächs zwischen zwei oder mehreren Personen behandelt worden wäre, erst auf Latein, dann, vor allem im Cinquecento, auch in der Volkssprache. Eine besonders interessante Gruppe unter diesen Texten bilden die sechs italienischsprachigen Dialoge Giordano Brunos, jenes exzentrischen, halb Europa durchwandernden Philosophen, der im Jahre 1600 von der Inquisition in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde – verurteilt wegen häretischer Positionen, von denen die Parteinahme für das kopernikanische, heliozentrische Weltbild und die Annahme unzähliger belebter Welten in einem unendlichen Universum die in den Augen der Inquisitoren noch vergleichsweise weniger verdammungswürdigen sind.
Brunos Texte erscheinen als nicht weniger exzentrisch: Sie mischen den Dialog mit der Komödie, fügen ihm Gedichte und bildhafte Elemente ein, und ein Dialog erklärt sich selbst sogar für unvollständig, weil drei der vier Dialogsprecher einfach nicht mehr zum Gespräch erscheinen. Geschrieben zu einer Zeit, als die Dominanz dieser Gattung schon zu schwinden beginnt, scheinen Brunos Dialoge alle Möglichkeiten des Dialogs auszuspielen und zugleich zu übersteigen.
Anhand dieser Texte, mithin aus einer Position des Rückblicks und der Gattungsausweitung, bietet die Vorlesung eine Hinführung zu einem zentralen Bestandteil der italienischen Literatur der Renaissance, zu ihren Gattungsformen, ihren theoretischen Funktionen und ihren epistemologischen Voraussetzungen, von Baldassare Castiglione bis zu Torquato Tasso und Galileo Galilei.
Als Prüfungsleistung für diejenigen Studierenden, deren Prüfungsordnung hier eine Modulteilprüfung oder ein Ein-Lehrveranstaltungs-Modul vorsieht, wird ein Portfolio verlangt. Damit ist eine knappe handschriftliche Mitschrift in deutscher, italienischer oder englischer Sprache gemeint, die die wesentlichen Zusammenhänge erfasst und anhand einer Sitzung Ihrer Wahl noch eine eigene Reflexion zu einem der Themen hinzubringt.
Studierende des Masters Italienstudien werden gebeten, einen Aspekt der Vorlesung in die Hausarbeit desjenigen Moduls einfließen zu lassen, für das sie diese Vorlesung gewählt haben.
- المعلم: Henning Hufnagel