Mit dem
Ende der Sowjetunion vor fast 30 Jahren endete auch die Vorherrschaft des
sozialistischen Realismus als staatlich verordnete ästhetische Doktrin in den
russischen Künsten. Zugleich begann auch eine extensive wissenschaftliche
Aufarbeitung des sozialistischen Realismus, die bis heute anhält und bei der
nicht so sehr Fragen der ideologischen Indoktrinierung und der Zensur, sondern
vielmehr ästhetische Verfahren und kultursemiotische Aspekte im Vordergrund
stehen. Daran anknüpfend bietet die Vorlesung einen Überblick über Entstehung
und Entwicklung des Sozrealismus in der Sowjetunion, wobei vor allem Literatur
und Film und ihre intermedialen Bezüge im Zentrum stehen sollen. Anhand
bestimmter Aspekte wie der Heldenmythos oder der Personenkult soll u.a. gezeigt
werden, wie Literatur und Film gemeinsam an einer antimodernistischen Ästhetik
teilhatten, in der die Eindeutigkeit der Zeichen permanent angestrebt und
permanent verfehlt wurde. Für die sog. „Tauwetterzeit“ nach dem Tod Stalins
soll darüber hinaus die Frage erörtert werden, inwieweit die sowjetische Kunst
nach 1953 sich von der Transmedialität des klassischen Sozrealismus entfernt
und die semiotische Differenz zwischen den Medien stärker hervorbringt.
- Trainer/in: Riccardo Nicolosi