Das Gewicht von Putins Reden für den poli­ti­schen Diskurs in Russ­land kann man kaum hoch genug einschätzen: Sie haben eine program­ma­ti­sche Funktion. Putins Reden, an denen ein großer Stab von Rede­schrei­bern arbeitet, sind zentrale Orte der Formu­lie­rung von poli­ti­schen Ideo­lo­gemen, die dann in allen Staats­me­dien konse­quent propa­giert, d.h. ausbuch­sta­biert und bebil­dert werden. Das Seminar will Putins Reden aus der Perspektive der klassischen Rhetoriklehre untersuchen. Nach einer Einführung in die Rhetorik (Argumentationslehre, Tropen- und Figurenlehre, Affektenlehre usw.) werden wir uns mit ausgewählten Reden beschäftigen, wobei der der Schwerpunkt Putins Argumentation in Bezug auf die Ukraine darstellen wird. Putins Rhetorik besteht aus mehreren argumentativen Ebenen, die eng miteinander verflochten sind: völkerrechtliche Argumente interagieren mit historischen Narrationen und mit einer affektrhetorischen Ebene, die starke Emotionen hervorrufen will. Putins Rhetorik ist der Motor eines politischen Diskurses, der auf einer paranoiden Geschichtsauslegung basiert und zwei zentrale Momente hervorbringt: tiefes Ressentiments und die Vorstellung der Gegenwart als ewige Wiederholung der Vergangenheit.