Im Jahr 220 n. u. Z. wurde der letzte Kaiser des Han 漢-Reiches (206 v. u. Z. bis 220 n. u. Z.) abgesetzt. Somit endete ein Reich, das rund 400 Jahre lang über weite Gebiete Ostasiens geherrscht hatte. Die folgenden 400 Jahre werden in der traditionellen Historiographie oft als eine Zeit politischer Wirren, militärischer Konflikte und sozialer Unruhen betrachtet. Die ehemaligen Gebiete des Gelben Flusses wurden zum Schauplatz brutaler Feldzüge zwischen „Barbaren“-Dynastien, die nacheinander ihre eigenen Staaten ausriefen. Zeitgleich floh die „rechtmäßige und chinesische“ Regierung aus dem Norden in die Jangtse-Ebene in Südchina, einem zuvor dünn besiedelten Gebiet, das bis dahin als unkultiviert und rückständig betrachtet worden ist. Das Machtvakuum, das aus dem Zusammenbruch von Han hervorging, setzte eine Reihe von Mobilitätsprozessen in Gang, die tiefgreifende Konsequenzen für ganz Ostasien hatte: Menschen begaben sich in neue Gebiete oder traten in Kontakt mit Völkern, die zuvor noch voneinander getrennt waren. Neue Technologien und religiöse Vorstellungen aus Zentral- und Südasien drangen ins heutige China vor, während Staaten im heutigen Korea und Japan zum ersten Mal Gesandtschaften in die Reiche Nord- und Südchinas schickten, um diplomatische Beziehungen zu knüpfen. In diesem Proseminar werden wir Mobilität als historisches Konzept und als Prozess zu unserem Untersuchungsgegenstand machen, um uns anhand historiographischen und archäologischen Quellen ein besseres Bild dieses „dunklen Zeitalters“ und ihrer weitreichenden Auswirkungen für Ostasien zu verschaffen.