Ausgehend von den historischen Begebenheiten der Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg untersucht das Seminar medial unterschiedliche Erzählmodelle der Blockade mit dem Ziel, eine medien-, gattungs- und epochenübergreifende Erzählgrammatik der Leningrader Belagerung heraus zu präparieren.
Im Zentrum des Seminars stehen u.a. folgende Fragen: Mithilfe welcher diskursiven Strategien entstehen neue Erklärungs- und Wahrnehmungsmuster für die veränderte Stadtwirklichkeit? Lassen sich in den verschiedenen Medien strukturelle Konstanten feststellen, beispielsweise auf den Ebenen der Raum- und Zeitmodellierung, der narrativen Kohärenz oder auch hinsichtlich der Ereignishaftigkeit? Mit welchen Modellen medialer Authentisierung arbeiten die untersuchten Werke, d.h. in welchem Verhältnis stehen das Mimetische und das Antimimetische, das Faktographische und das Fiktionale zueinander?
Behandelte Themen: Die Blockade im sowjetischen kulturellen Gedächtnis; ‚offizielle' und private Tagebücher; Die Musealisierung der Belagerung im sowjetischen Film; Lidija Ginzburgs „Blockademensch“; Die Problematisierung des offiziellen Mythos: Das "Blockadebuch" von Adamovic/Granin; Ol’ga Frejdenbergs "Die Belagerung des Menschen"; Šostakovis „Siebte Symphonie“; die Blokade im postsowjetischen Film (Sokurov, Loznica); neuere Blokade-Literatur (Barskova u.a.); die Leningrader Blokade im Putinismus.
Russischkenntnisse werden nicht vorausgesetzt, sind aber von Vorteil.
Aktive und regelmäßige Teilnahme wird erwartet.
- Trainer/in: Riccardo Nicolosi