Für die meisten Historikerinnen und
Historiker gehört die Beschäftigung mit sozialen Eliten im Grunde zum
Alltag: Wer sich mit der Geschichte von Politik, Kultur oder Wirtschaft
auseinandersetzt, kann ständig die Handlungen von einflussreichen
Entscheidungsträgern beobachten.
Das ist ohne weiteres nachvollziehbar, erscheint deshalb aber auch oft selbstverständlich: So wird zu selten hinterfragt, was es eigentlich bedeutete, Adeliger, Großunternehmer, Spitzenbeamter, Geistlicher, Offizier oder Professor zu sein - wie kamen Menschen in solche Führungspositionen, welche Erwartungen wurden an sie herangetragen und welche Handlungsmöglichkeiten standen sozialen Eliten offen?
Der Lektürekurs befasst sich in epochenübergreifenden Zuschnitt mit diesen Fragen und stellt Literatur zu historischen Führungsschichten in Bayern zur Debatte.
- Trainer/in: Matthias Bischel
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
Schon um 1800 deutete einiges darauf hin, dass das 19. Jahrhundert in Bayern ein Jahrhundert der Urbanisierung werden könnte: Säkularisation, Mediatisierung und Staatsausbau führten zu einer Konzentration erheblicher politischer und gesellschaftlicher Machtpotenziale in den Städten.
Doch dies war nur der Anfang: Bevölkerungswachstum, Industrialisierung, das durch die Eisenbahn geknüpfte Verkehrsnetz, der Aufstieg des Bürgertums und der starke Ausbau öffentlicher Kultureinrichtungen trugen dazu bei, große und auch kleinere Städte zu Laboren der Modernisierung zu machen.
Der Basiskurs zeichnet diese Entwicklungen nach und beleuchtet Profile des urbanen Lebens im Bayern des 19. Jahrhunderts - von eher verschlafenen Land- und Bischofsstädten bis zu pulsierenden Wirtschaftsmetropolen.
- Trainer/in: Matthias Bischel
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
Die Übung bietet die Möglichkeit der intensiven Auseinandersetzung mit der Theorie und Methodik der historischen Biographik an. Anhand verschiedener Einzelpersonen und Personengruppen, die in Bayern lebten, werden unterschiedliche Methoden des historischen Arbeitens wie der Umgang mit (Auto-)Biografien und Oral History, die Erstellung von Prosopografien sowie die Arbeit mit Nachlässen systematisch vermittelt und eingeübt.
Die Studierenden untsuchen dabei eine heterogene Personengruppe, denen allesamt die Erfahrung der Alterität zu eigen ist. Der Arbeitsfokus liegt einerseits auf Emigranten in die USA wie Thomas Mann und Oskar Maria Graf und auf Deutsch-Amerikanern wie Ernst „Putzi" Hanfstängl. Von besonderem Interesse ist sind aber auch „amerikanische Lebenswege in Bayern", wie etwa die Erfahrungen der GIs nach 1945, der Mitarbeiter des Amerikahauses und des Konsulats, welche anhand prägnanter Beispiele ausgewählt und in der Übung vermittelt werden.
Die Erforschung dieser transatlantischen Lebenswege und ihrer biographischen Schlüsselstellen bietet einen Einblick in diverse kulturelle Verflechtungspraktiken und -prozesse, zeigen aber auch die vielfältigen Erfahrungen von Alterität, die sich in den Lebenslaufen der Betroffenen klar spiegeln. Anhand dieser Personengruppe kann die Vernetzung und Einbettung der Landesgeschichte in globale Kontexte plastisch und so für die Studierenden greifbar gemacht werden.
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
- Trainer/in: Kathleen Siemermann
Die digitale historische Kartographie gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Analyse und Visualisierung geschichtswissenschaftlicher Forschungsdaten, insbesondere in der landesgeschichtlichen Forschung mit ihren inhärenten Raumbezügen.
Zum einen wird den Teilnehmenden eine Einführung in das freie Geoinformationssystem QGIS geboten, einschließlich der Nutzung und Analyse von historischer Forschungsdaten und dem Umgang mit Unschärfe und Verortungsproblemen. Anhand konkreter Beispiele werden wir die praktische Anwendung gemeinsam einüben. Darüber hinaus werden wir in der Veranstaltung weitere digitale Werkzeuge behandeln und erste Schritte im Umgang mit der Programmiersprache Python unternehmen.
Neben den technischen Aspekten werden wir ebenfalls grundlegende raumtheoretische Konzepte und ihre historische Dimension diskutieren. Wir werden fragen, wie man diese Konzepte auf Kartenvisualisierungen anwenden kann und welche Lösungen in der historischen Kartographie hierfür bereits gefunden wurden.
Alle Studierenden arbeiten in der Übung am eigenen Laptop. Ein Tablet reicht in der Regel für die Arbeit mit QGIS nicht aus. Sollten Sie kein geeignetes Gerät zur Verfügung haben, kontaktieren Sie bitte den Dozenten im Voraus, um eine Lösung zu finden.
- Trainer/in: Jochen Gaab
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
Josef Maria Graf von Soden-Fraunhofen (geb. 30. Mai 1883 in Neufraunhofen; gest. 9. März 1972 in Gauting) wirkte von 1923 bis 1933 als Kabinettschef des Kronprinzen Rupprecht von Bayern. Zuvor hatte er nach einem Jura-Studium in bayerischen Militär- und Verwaltungsdiensten gestanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfasste er aus seinem persönlichen Nachlass (Korrespondenz, Akten, Tagebücher etc.) Memoiren, die vielfältige Einblicke nicht nur in die Gesellschaftsgeschichte Münchens und Bayerns bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bieten. Auch die Erfahrungen des Bruchs und Neuanfangs nach 1918 finden sich in vielfach reflektierter Form wieder. Besonders seine Zeit als Kabinettssekretär des Kronprinzen zwischen dem Ringen um die Akzeptanz der Demokratie und dem Widerstand gegen die aufkommende NS-Bewegung werden vielfach reflektiert. Die bisher unbekannten Memoiren werden im Rahmen des Seminars gemeinsam bearbeitet, mit dem Ziel eine historisch-kritische Edition zu erstellen.
- Trainer/in: Markus Müller
Die Landstände werden in der Forschung bis heute oft als Repräsentanten des jeweiligen Landes vorgestellt. In unterschiedlicher Zusammensetzung (Adel, Klerus, Städte, Bauern) sollten sie auf den Landtag die Interessen des Landes gegenüber dem Landesherrn vertreten. Otto Brunner sah darin den Dualismus vormoderner Herrschaft realisiert. Die Entstehungszeit der Landstände lässt sich in Bayern, in Österreich und in anderen Territorien des römisch-deutschen Reiches ins ausgehende 14. und beginnende 15. Jahrhundert datieren, die Institutionalisierung in festen Formen erfolgte spätestens zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Bereits in der Konstituierungsphase verwendeten die Vertreter der Landstände selbst das Argument, das Land zu repräsentieren, um Legitimität zu konstruieren und zu untermauern. Das Seminar will der Frage folgen, inwieweit sich diese Idee der Repräsentation tatsächlich in den Quellen fassen lässt und so die Forschung bis heute dem Narrativ der Landstände selbst über ihre Entstehung und ihre Daseinsberechtigung Glauben geschenkt hat. Eine Exkursion führt das Seminar nach Landshut, wo am Regierungssitz des entsprechenden bayerischen Teilherzogtums, die ständische Präsenz noch gut fassbar wird.
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- Trainer/in: Markus Müller
Herrschte der Kaiser auch über Bayern? Wie so vieles am sog. Alten Reich lässt sich diese Frage nicht mit einem einfachen Ja (oder Nein) beantworten. Das Herzogtum Bayern, dessen Fürst ein Reichsstand und ab 1623 Kurfürst war, stand während der Frühen Neuzeit stets in einer intensiven, sich wandelnden Beziehung zu Kaiser und Reich. Ein Schiedsspruch des Kaisers beendete den Wittelsbacher Erbfolgekrieg, aus dem am Beginn des 16. Jahrhunderts das wiedervereinigte Herzogtum hervorging. Ereigniskomplexe wie Reformation, Konfessionalisierung, der Dreißigjährige Krieg oder die Erbfolgekriege des 18. Jahrhunderts lassen sich ohne Blick auf das spezifische Agieren der Reichsinstitutionen nicht verstehen. Durch die Nachbarschaft zu den viel frequentierten Tagungsorten der Reichstage, Augsburg und Regensburg war auch München stark an die dadurch bedingten Kommunikationsnetze angeschlossen. Mit dem Ende des Alten Reiches ging auch Bayern – territorial stark erweitert – in einen anderen rechtlichen Aggregatszustand über.
Die am Beginn der Neuzeit neugeschaffenen Reichskreise werden heute, blickt man zumindest auf die fränkischen Bezirke, zur Identitätsstiftung herangezogen. Die geschichtswissenschaftliche Beschäftigung mit dem Reich durchlief nach dessen Ende zahlreiche Konjunkturen. Im Kurs werden wir auch diskutieren, inwiefern es gerechtfertigt ist, das Reich als Vorform oder Vorbild des modernen Parlamentarismus, für bürgerliche Freiheitsrechte, föderative Staatlichkeit oder die Europäische Union zu betrachten.
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
- Trainer/in: Martin Keßler
Das Seminar rückt das konfessionelle Zeitalter (ca. 1540-1648) in den Fokus und widmet sich den politischen, religiösen und sozialen Aspekten von katholischer Reform und Gegenreformation in Bayern. Diese Bemühungen der katholischen Seite sowohl innerkirchliche Reformen als auch Maßnahmen gegen Ketzerei und die Ausdehnung des Protestantismus anzustrengen, spielten im bayerischen Raum eine besondere Rolle. Das Herzogtum Bayern verblieb neben den Habsurger Ländern als eines der wenigen größeren Territorien des Reichs beim alten Glauben und schwang sich mit der Zeit zum entscheidenden Vorkämpfer des Katholiszismus auf. Der fränkische und schwäbische Raum wiederrum zeichnete sich durch Koexistenz und Konflikte verschiedener Konfessionen teils auf engem Raum aus.
Ursachen, Entwicklungen und Konflikte sowie Konzepte der Forschung sollen analysiert und kritisch hinterfragt werden. Dabei soll vor dem Hintergrund von Kriegen, dynastischer Politik und dem weltumfassenden Anspruch der katholischen Kirche auch Wert auf die eurpäischen und globalen Verflechtungen gelegt werden.
Teil des Basiskurs-Programms ist ein Seminartag am Samstag, den 13.01.2024.
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- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
- Trainer/in: Kathleen Siemermann
- Trainer/in: Tassilo Soos
Das Ende des Zweiten Weltkriegs markiert eine der deutlichsten Zäsuren
der modernen Geschichte Bayerns. Von März bis Mai 1945 vollständig von
US-Truppen besetzt, blickte das Land nach der bedingungslosen
Kapitulation des Deutschen Reiches einer ungewissen Zukunft entgegen.
Der Basiskurs widmet sich den politischen, gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in Bayern in der
unmittelbaren und weitergefassten Nachkriegszeit. Dabei stehen unter
anderem Themen wie der Wiederaufbau, die Aufarbeitung des
Nationalsozialismus, die Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen
sowie der Wandel von einem stark agrarisch geprägten Land zu einem
Industrieland im Fokus. Darüber hinaus finden Akteuren und Strukturen
internationaler Austauschprozesse wie etwa die Rolle der amerikanischen
Besatzungsmacht und deren Einfluss auf die demokratische Neugestaltung
Bayerns besondere Beachtung.
- Trainer/in: Laura Fuchs
- Trainer/in: Elisabeth Heistinger
- Trainer/in: Kathleen Siemermann