Der Ernstfall des Christseins ist die Gemeinde. Sie wird bleiben, wenn die Volkskirche geschwunden ist. Was aber ist, neutestamentlich gesehen, eine Gemeinde? Wozu ist sie da? Welche Lebensgestalt entspricht ihr? Wo liegt ihre Mitte, ihr Motor? Wie sind ihre Werte zu verwirklichen, ihre Konflikte zu klären? Wie verhalten sich „Kirche“ und „Gemeinde“ zueinander? Die Vorlesung spürt die verschiedenen Gemeindetypen im Neuen Testament auf: christologisch (Leib Christi), dynamisch (Baustelle), stabil (Familie), biblisch (pilgerndes Gottesvolk), nachfolgezentriert (Lebens- und Lerngemeinschaft Jesu), agape-geprägt (Freundeskreis Jesu), elitär (Heimat von Gottes Außenseitern), alternativ (Kontrastgesellschaft), offensiv (Widerstandsnest). Von den Urchristen kann man lernen, dass man seine Quelle im Schatten suchen soll. Wir erleben derzeit keine kirchliche Krise, sondern eine biblische Chance. Anders gesagt: Der biblische Zugang zum Thema „Gemeinde“ ist dort gefunden, wo sie kein Problem darstellt, sondern Probleme löst.

Niemals war die Apostelgeschichte aktueller als heute: Sie findet auf einem postmodern anmutenden Markt der religiösen Möglichkeiten in der pluralen Welt einer paganen Gesellschaft statt. Lukas inszeniert die Reise des Evangeliums durch diese Welt mit Motiven der Abenteuerromane seiner Zeit: Exoten, Verschwörer und Magier, Gerichtsprozesse, Fluchtszenen und Schiffbruch, Wunderwettbewerbe und Wahrsagegeister, Ganoven, die dramatisch sterben, und Helden, die es wider Erwarten nicht tun, Insulaner am Lagerfeuer und eine Märchenprinzessin, die zum ersten Mal von Christus hört. Stoff genug, um Menschen zu fesseln. Graumäusig ist das Evangelium jedenfalls nicht. Lukas gibt den bunten Szenen aber eine christologische Mitte: Christen reisen auch auf abenteuerlichen Pfaden – wie zu Emmaus: von Christus unsichtbar begleitet, die Heilige Schrift verstehend, das Brot brechend, das Herz brennend. Die Vorlesung ordnet die Apostelgeschichte in die zeitgenössische Erzählliteratur ein und zeichnet die Wege des Evangeliums durch die reichsrömische Kultur in ausgewählten Szenen nach. Die Theologie, die sie zu erschließen sucht, will sie nicht von außen herantragen, sondern in der erzählten Welt selbst entdecken.

Jesus von Nazaret wirkte im Hinterland der römischen Provinz Syrien etwa zwei Jahre in denkbar begrenzten Verhältnissen. Auf den ersten Blick ist es kaum möglich, geschichtlich unbedeutender zu sein. Was gab seinem Wirken dennoch Wirkung? Die Vorlesung zeichnet Jesu Weg nach. Sie nimmt seinen sozialen und politischen Horizont in den Blick, fragt nach der (fragmentarisch greifbaren) Vorgeschichte und nach Jesu (vergleichsweise umfassend dokumentiertem) Ende. Was diesem Leben an Länge abging, scheint durch Tiefe kompensiert worden zu sein. Ein Schwergewicht der Vorlesung liegt daher auf der religionsgeschichtlichen Verortung Jesu: Wo lagen seine religiösen Quellen? Woraus nährte sich sein Gottesbild und wie brachte er es zur Geltung? Warum starb er einen gewaltsamen Tod? So soll verstehbarer werden, warum dieses Leben auf den zweiten Blick weltverändernde Bedeutung gewann. Person und Botschaft Jesu begleiten jeden Theologen und jede Theologin in Kirche, Schule und Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, die Frontalvorlesung durch dialogische Elemente zu ergänzen, in der die Fragen der Hörer/-innen (prüfungs- wie existenzbezogen) im Mittelpunkt stehen. Die Vorlesung wird daher durch ein einstündiges Kolloquium ergänzt.