Obwohl eine der kürzesten Isländersagas hat die Hrafnkels saga Freysgoða - die Geschichte vom Freyspriester Hrafnkel - zugleich das weiteste Spektrum an Interpretationsversuchen aller Sagas generiert. In dieser Übung wird die Saga zunächst im close reading Verfahren gelesen und in Auszügen auch aus dem Altnordischen übersetzt. Dann soll die umfangreiche Forschungsgeschichte anhand ausgewählter Beispiele zum Thema werden. Ziel ist es, den Teilnehmenden so eine möglichst vielseitige Perspektive auf eine der bekanntesten Isländersagas zu eröffnen, und sie mit gängigen Forschungsansätzen innerhalb der Altskandinavistik vertraut zu machen.


Die wikingische Entdeckung und temporäre Besiedlung Grönlands und Vinlands (der atlantischen Küstengebiete Kanadas) stehen im Fokus dieses Hauptseminars, welches sich in der ersten Hälfte den archäologischen sowie textlichen Zeugnissen widmet, die die Aktivitäten von Skandinaviern in der neuen Welt dokumentieren. In der zweiten Hälfte des Seminars wird dann die moderne Rezeption der Entdeckung Vinlands zum Thema, und anhand von ausgewählten Kunstwerken des 19., 20. und 21. Jahrhunderts untersucht, welchen Stellenwert der (kurzlebigen) wikingischen Präsenz in Nordamerika zukommt, dies vor allem im Kontext von Diskursen zu nationaler und ethnischer Identität.

Diese Vorlesung widmet sich den im sogenannten Codex Regius der Liederedda enthaltenen Liedern, die sich dezidiert für die Götterwelt des alten Nordens interessieren. Neben einer Einführung in die formalen und methodischen Voraussetzungen die zur Deutung altnordischer Dichtung benötigt werden, widmet sich die Vorlesung auch dem selektiven Charakter der Überlieferungsgeschichte vorchristlicher Kulturen des Nordens, und greift die reiche Rezeptionsgeschichte Eddischer Dichtung auf. Ziel ist es, gemeinsam mit den Zuhörenden einzelne Götterlieder detailliert zu untersuchen, aber auch einen kritischen Überblick auf die Eddalieder als (mögliche) Quelle vorchristlicher Religionen des Nordens zu bieten.

Wenige gegenwärtige populärkulturelle Assoziationen mit dem nordischen Mittelalter sind so stark ausgeprägt wie die Vorstellung eines übersteigerten, geradezu martialischen Männlichkeitsideals. Dabei zeugen nicht zuletzt die Gesetzestexte und die Isländersagas davon, dass die darin implizit angelegten Männlichkeitsbilder heftigen Angriffen unterlagen und stets gegen Angriffe von außen verteidigt werden mussten. In den altnordischen Begriffen ergi und níð liegen zwei hochspezialisierte Konzepte vor, mit denen diese Auseinandersetzungen geführt werden konnten.

In dieser Übung soll Belegen für beide Konzepte in Texten von der römischen Eisenzeit bis zum nordischen Mittelalter nachgegangen werden. Dabei werden auch außerliterarische Quellen sprechen, so dass die Altnordistik auch außerhalb der Isländersagas repräsentiert ist, die jedoch hinsichtlich ihrer literarischen Verwendung der beiden Konzepte den Schwerpunkt der Übung bilden werden.

Kenntnisse des Altnordischen oder einer modernen skandinavischen Sprache sind nicht erforderlich, so dass die Übung interessierten Studierenden aller Fachrichtungen offensteht.

In Prolog von Snorri Sturlusons Edda lesen wir vom Ursprung der nordischen Götter - diese seien ursprünglich aus Troja vertriebene Aristokraten und Asíumenn, welche später nach Nordwesteuropa einwanderten, und dort das Geschlecht der Æsir gründeten. Diese ursprünglich weltlichen Könige seien später zu Göttern umgedeutet worden, gemäß den Prinzipien des Euhemerismus (der Überhöhung historischer Personen zu Göttern) und der in aristokratischen Kreisen des Mittelalters sehr populären Trojanerfabel.

                  Kontinentale, gelehrte Einflüße finden sich in einer Vielzahl­ – wenngleich nicht allen – der Usprungsgeschichten, die in der altnordischen Literatur überliefert sind. Dieses Hauptseminar wird mehrere solcher Ursprungsgeschichten als Fallstudien  eingehender untersuchen, darunter den bereits genannten Ursprung der Æsir in Snorris Prolog, die Erschaffung der Welt wie im sogenannten Codex Regius der Liederedda in der Völuspá, der Vafþrúðnismál und der Grímnismál geschildert, oder die Entstehung der schwedischen und norwegischen Königsgeschlechter aus Quellen wie der Ynglinga saga, Ynglingatal sowie Hversu Noregr byggðist. Auch einzelne, ausgewählte Besiedlungsgeschichten wie Guta saga, Orkneyinga saga, Íslendingabók, Landnámabók oder Grænlendinga saga werden diskutiert werden. Die theoretische Einordnung dieser Ursprungserzählungen werden uns Ansätze aus dem Bereich der Erinnerungstheorie, des kulturellen Gedächtnisses und der Ethnogenese ermöglichen.  


Diese Vorlesung widmet sich den Raub-, Handels- und Siedlungsbewegungen von Skandinaviern vom ca. 8. bis zum 11. Jahrhundert, über einen geographischen Raum vom westlichen Nordatlantik bis nach Nordafrika und von Starja Ladoga bis ins Byzantinische Reich und darüber hinaus reichend. Die Veranstaltung wird zunächst wichtige Eckpunkte der Geschichte der wikingischen Bewegungen behandeln, wie beispielsweise die ersten belegten Raubzüge in der Ostseeregion, auf den Britischen Inseln und im Frankenreich, der Etablierung des Danelag oder der Gründung Nowgorods und der Kiewer Rus, sowie der Besiedlung Islands oder Grönlands. Daneben werden aber auch andere, mentalitätsgeschichtliche Aspekte diskutiert, wie etwa die Rolle vorchristlicher Religionen des Nordens, der Wandel gesellschaftlicher Strukturen in den Heimatregionen, oder Geschlechterverhältnisse und soziale Stratikifation. Teilnehmende an der Vorlesung werden zudem mit einigen der wichtigsten textlichen und bildlichen Artefakte der Periode vertraut gemacht, wie ausgewählten Runeninschriften, Reiseberichten nicht-europäischer Beobachter, Münzfunden, Bildteppichen, sowie – in Auszügen – den Sagas der Isländer.

                  Inspiriert vom global turn ist das Ziel dieser Veranstaltung einerseits, eine Vernetzungsgeschichte des mittelalterlichen Nordens zu entwerfen; gleichzeitig jedoch sollen neben der Zirkulation von Personen, Gütern und Wissen auch die spezifischen, zum Teil auch einzigartigen Verhältnisse in Nordeuropa aufgezeigt werden, die die später als Wikingerzüge bekannt gewordenen Bewegungen von seefahrenden Personen erst ermöglichten.